Bauernkantate
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Johann Sebastian Bach

Englisch Translation
Cantata BWV 212 - We have a new governor

Bauernkantate
Einfache Einleitung
Vor 260 Jahren bekam Johann Sebastian Bach den Auftrag für das
Geburtstagsfest des Gutsherrn Dieskau in Klein-Zschocher (bei Leipzig) eine Kantate zu schreiben. In dieser Kantate singen der Knecht und die Magd über den Gutsherrn und loben seine gütige Frau. Der Knecht und die Magd necken sich, als ob sie ein Liebespaar wären. Dabei sollten sie sich beeilen, am Abend findet das große Fest statt. Es gibt viel Arbeit!

Beim Gutshaus Klein-Zschocher sieht es heute (2002) bedenklich aus. Es sind beinahe nur noch die Eingangspfosten am Tor vorhanden. Die sitzenden Löwen aus Stein, die das Gutshaus bewacht haben, sind leider verschwunden. Zwei Ginko Bäume haben die Jahre überlebt. 

Gutshaus Dieskau vor 260 Jahren

  
Nur die Eingangspforten stehen noch und zerfallen...
Wo sind die sitzenden Dieskau Löwen, die einst auf
dem Sockel das Gut bewacht haben?

Aufführung Bauernkantate 2002

Köthener Schüler führen die „Bauern-Kantate“ BWV 212 von JOHANN SEBASTIAN BACH in einer szenischen Inszenierung auf.Warum agiert und musiziert ausgerechnet dieses Köthener Ensemble in einem Leipziger Werk des bedeutenden Barockkomponisten im Rahmen der Schweizer EXPO ’02 ?


Zunächst der historische Anlaß: das von der Nachwelt lange unterschätzte Werk des Thomaskantors entstand als Auftragskomposition im Jahre 1742 (also vor genau 260 Jahren), wurde von BACH selbst auf dem Gut Kleinzschocher bei Leipzig aufgeführt und bietet sich
geradezu an, um ländliches Milieu im Kontrast mit städtischer Lebensweise musikalisch wie auch schauspielerisch nachzuempfinden. Es ist gut möglich, daß auch damals zumindest Teile des Stücks szenisch dargestellt wurden.
 
Die Stadt Köthen kennt man in Mitteldeutschland und darüber hinaus auch als ‚Kuh‘-Stadt. Anlaß für diese abwertende Benennung sollen große Viehtriebe und –märkte in vergangenen Jahrhunderten sein, die den eher kleinen Marktflecken prägten. Heute nutzt die Stadt dieses Image in positiver Hinsicht mit dem alljährlichen ‚Kuh‘-Fest, dem Karnevalsverein Ku-Ka-Kö (von ‚Kuh-Kaff‘-Köthen) und im Jahre 2001 mit einem spektakulären Event: der Köthener ‚Kuh-Kunst-Aktion‘, bei der im gesamten Stadtgebiet künstlerisch gestaltete Kuhplastiken auf- und ausgestellt wurden.
Eine wichtige Bildungseinrichtung Köthens ist das Ludwigsgymnasium, das auf mittlerweile 328 Jahre höhere Schulbildung im ehemaligen Fürstentum zurückblickt. Künste, Naturwissenschaften und Sprachen gelten seither als wichtige Pfeiler humanistischer Bildung auch in dieser Region Deutschlands –damals wie heute. Und so ist es kein Wunder, daß sich Schüler und Lehrer dieser Schule diesen Traditionen verpflichtet fühlen, unter anderem mit einer Profilbildung in Richtung Musiktheater. So gehört seit nunmehr 10 Jahren eine Eigenproduktion des Musikensembles zum festen Bestandteil des Köthener Kulturlebens,ebenso werden Adventskonzerte (u.a. in Bachs Abendmahlskirche, der St. Agnus-Kirche) geboten und die Teilnahme am Jugendmusikfest des Bundeslandes Sachsen-Anhalt ist mittlerweile eine schöne Verpflichtung. Obwohl alle Mitwirkenden keine Profis auf dem Gebiet der ‚Barockmusik‘ sind, wurde und wird doch versucht, diese Musik im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu reflektieren und umzusetzen. Bisher glückte dies neben der Aufführung barocker Adventskanaten (u.a. von Buxtehude, Hammerschmidt und Werckmeister) recht erfolgreich mit einer szenischen Aufführung der „Schulmeister-Kantate“ von Georg Philipp Telemann anlässlich der Feier zum 325. Schuljubiläum im Jahre 1999 und im folgenden Bachjahr 2000 wurde ein literarisch-musikalisches Programm „... und immer wieder BACH“ in Szene gesetzt. Die Intention zu einer szenischen Interpretation der ‚Cantata Burlesque‘ (‚Bauern-Kantate‘) „Mer hahn en neue Oberkeet“ liegt praktisch schon mit dem Originaltitel auf der Hand und eignet sich für die Darstellung eines ländlichen Festes, ohne daß in die Faktur des Werkes eingegriffen werden muß. Allerdings wollen die Akteure
auch den ‚Köthener‘ BACH mit in die Konzeption einbringen und darüber hinaus mit dezenten Adaptionen und Aktualisierungen den gedanklichen wie auch musikalischen Bogen zur Gegenwart spannen ... es wird also spannend mit dieser Inszenierung und darauf freuen sich alle Beteiligten ... und hoffentlich dann auch die Zuschauer!
(Dr. Hans-Peter Wolf)
 
Mehr Infos über die Bauernkantate
Für einen Gutsbesitzer in Kleinzschocher entstand 1742
die Huldigungskantante »Mer hahn en neue Oberkeet«.
Thema ist das obersächsische Landleben:

»Mer hahn en neue Oberkeet
An unsern Kammerherrn
Ha gibt uns Bier, das steigt ins Heet,
Das ist der klare Kern.«

Nach diesem Eingangschor singt ein Bass:
»Nu, Mieke, gib dein Guschel immer her«,
und die folgende Arie gerät zu einer rustikalen
Betrachtung ländlichen (Liebes-)Lebens:

«Ach, es schmeckt doch gar zu gut,
Wenn ein Paar recht freundlich tut;
Ei, da braust es in dem Ranzen,
Als wenn eitel Flöh und Wanzen
Und ein tolles Wespenheer
Miteinander zänkisch wär.«

Neben der genialen Musik können die Texte bei Bach natürlich nur eine Nebenrolle spielen. Aber obwohl seine Dichter keine großen Künstler waren, haben sie doch ihr Handwerk verstanden. So können wir aus ihren Texten noch heute viel über die Bachsche Zeit und die Kunst an der Schwelle vom Barock zur Aufklärung erfahren. Dabei amüsieren sie mal mit derber Weltlichkeit und können uns sogar manchmal noch durch ihre Schönheit bewegen.
Eines aber tun sie immer: Sie ermöglichen uns einen neuen Blick auf Bachs Musik und ihre Vielfalt – von »Kommt ihr Töchter, helft mir klagen« bis »Ach, es schmeckt doch gar zu gut, wenn ein Paar recht freundlich tut«.
© Kristof Magnusson
Veröffentlicht in:
Gewandhausmagazin, Nr. 26, Frühjahr 2000

 

 

Klein-Zschocher (bei Leipzig)

Und es tut sich doch etwas......!

Bauernkantate erklang am Ort der Uraufführung wie 1742

Die letzte öffentliche Aufführung der Bauernkantate in Kleinzschocher fand im Jahre 1987 anlässlich der 700-Jahrfeier von Kleinzschocher statt. Dass die Bürger von Kleinzschocher „ihre Stadtteil-Hymne" von Johann Sebastian Bach lieben, war auch am 28. August 2004 bei anbrechender Dunkelheit vor der imposanten Turmfront der Taborkirche nicht zu übersehen. Der honorige Kantor der Taborkirche, Lothar Baumgärtel, mit seinen jungen Musikstudenten und den beiden Solisten Reglint Bühler, Sopran, und Tobias Berndt, Bass, die sich in zwei Bau ersleut von 1742 verkleidet hatten, brachten die Bach'sche Kantate so recht zum Klingen. Als dann die Taborkantorei mit 40 Sängern zum Schlusschor mit einstimmte, erreichte die stimmungsvolle Darbietung ihren Höhepunkt.

Den Schlusschor „Wir gehn nun, wo der Tudelsack in unsrer Schenke brummt' mussten die Musiker den eifrig klatschenden Zuhörern noch ein zweites Mal vorführen. Die Kantate erklang genau an der Stelle, wo bis zum Jahre 1904 die alte Dorfkirche von Kleinzschocher gestanden hatte. Diese Kirche war jahrhundertelang Teil des Rittergutes und „gehörte" dem Patronsherrn von Kleinzschocher, so dass diese erste öffentliche Wiederaufführung der Bauernkantate nach der Wende eigentlich doch im Rittergut stattgefunden hat.

Die Reste des Rittergutes Kleinzschocher, die sich seit 1915 in städtischem Besitz befinden und heute der LWB gehören, machen zurzeit allerdings einen derart erbärmlichen Eindruck, dass man sich auf lange Sicht keine Aufführung direkt am Schösserhaus und dem historischen Eingangsportal des Gutes vorstellen kann. Sollte ein z. Bachfest in kleinZschocher stattfinden, wünschenswert wäre es, könnten die Besucher dann vielleicht von der erhöhten Terrasse vor der Taborkirche überprüfen, ob und was sich alles im historischen Ortskern rund ums Rittergut und Kantatenweg getan hat.

Musikalisch lief alles ebenfalls gut zum Stadtteilfest in Kleinzschocher - ob das Ingolf G. S. Bauer mit seinem „Land am Elsterbogen" oder eine Bauchtanzvorführung mitTrommelbegleitung waren - Erinnerungen an Esmeralda flammten auf und es fehlte nur noch der Glöckner von „Tabor-Notre Dame" - die vielen Tanzshows der Jugend von Kleinzschocher oder die Klezmer-Jazz-Band CHELESTA, und nicht zuletzt der Chor des Kepler-Gymnasiums der gegen 18.45 Uhr das Bachfest mit seiner Musik zwischen Gospel und Bach einleitete. Besonders schön erklang das Quodlibet „Kraut und Rüben", das ein ständiger Begleiter bei den privaten Festlichkeiten der Musikerfamilie Bach war. Ein besonderer Dank geht an die Taborkirchgemeinde und ihren Pfarrer Zieglschmid. Sie hatten die Kirchentür für alle Stadtteilfestbesucher ganz weit geöffnet, luden zu Turmbesteigungen ein und trugen sehr viel zum Gelingen des Festes bei. Nicht zu vergessen das Quartiersmanagement und das Mütterzentrum, die für die technische Organisation des gesamten Stadtteilfestes sorgten.

Dass als Abschluss leider kein Feuerwerk wie anno 1742 stattfand und die Feuershow der „inflammatis" den Schlußpunkt setzen musste, war etwas schade, aber wegen mangelnder Gelder nicht zu realisieren. Der kurfürstliche Kammerherr Carl Heinrich von Dieskau hatte an seinem 37. Geburtstag, dem 30. August 1742, offenbar mehr Taler übrig, denn in einer zeitgenössischen Chronik steht über diesen Tag in Kleinzschocher, dass er „bey eingetretener Nacht ein schönes Feuerwerk loß zünden ließ dergleichen wohl in hiesigen Gegenden auf dem Lande niemals gesehen worden."
Dipl.-Ing. Siegfried Kober, Architekt BDA


 

 

 

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